Schätzungen im Projektalltag
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Die Schätzung von Projekten ist ein entscheidender Teil des Projektmanagements, und die Schätzmethodik der Program Evaluation and Review Technique, kurz “PERT” ist eine der beliebtesten für diese Aufgabe. Und dies nicht ohne Grund! PERT hilft Dir neben dem Erstellen eines Projektplans auch bei genaueren Schätzungen, indem es verschiedene Blickwinkel und Einschätzungen für jede Aufgabe in Deinem Projekt berücksichtigt.
Es wird oft versucht, PERT mit der Methode des kritischen Pfads (CPM) zu vergleichen. Der Fokus ist hierbei jedoch ein anderer. Letztlich geht es um das Herunterbrechen von Meilensteinen, Anforderungen, Features in kleine und planbare Arbeitspakete, genauer gesagt klar definierte Aufgaben.
Die Technik wurde in den 1950er-Jahren von der U.S. Navy entwickelt, um das Polaris-Raketenprogramm zu verwalten, eines der komplexesten Projekte, die zu dieser Zeit durchgeführt wurden. Die PERT-Methode basiert auf drei Schätzungen für jede Aufgabe in einem Projekt: einem besten Fall, einem schlechtesten Fall und einem wahrscheinlichsten Fall. Aus diesen drei Schätzungen wird ein gewichteter Durchschnitt errechnet, der dann als Schätzung für die Gesamtkalkulation herangezogen wird.
Mehr Informationen:
- https://de.wikipedia.org/wiki/Program_evaluation_and_review_technique
- https://de.wikipedia.org/wiki/Methode_des_kritischen_Pfades
In diesem Blogbeitrag führen wir Dich durch 4 Schritte, die Dir helfen, PERT als Hilfsmittel für eine genauere Schätzung Ihrer Projekte zu nutzen.
- Unterteile Dein Projekt in kleinere Themen, Features und Aufgaben, um kleinteiliger schätzen zu können.
- Bestimme den besten, den schlechtesten und den wahrscheinlichsten Aufwand für jede Aktivität bzw. Aufgabe in Deinem Projekt.
- Berechne für jede Aufgabe den gewichteten Durchschnitt.
- Addiere alle gewichteten Durchschnittswerte, um die Gesamtschätzung für ein Feature, eine Anforderung oder das gesamte Projekt zu erhalten.
Betrachten wir die einzelnen Schritte etwas näher.
Schritt Nr. 1: Unterteile Dein Projekt in kleinere Themen, Features und Aufgaben, um kleinteiliger schätzen zu können.
Dieser Schritt kann je nach Komplexität des Projekts und gewünschtem Detailgrad der Schätzung sehr zeitaufwendig sein. Unter Umständen hilft Dir hier auch ein visueller Projektstrukturplan (PSP, englisch: Work Breakdown Structure / WBS), der Anforderungen in verschiedenen Ebenen in immer kleinere Pakete aufteilt. Eine funktionsorientierte Aufteilung ist in der Softwareentwicklung meist zu empfehlen. Das Ziel ist es, schätzbare Aufgaben zu erhalten, anstatt vage High-Level-Anforderungen weiterverarbeiten zu müssen.
Dies setzt natürlich bei umfangreichen Projekten eine genaue Analyse aller Anforderungen voraus. Die Technik lässt sich aber auch hervorragend für einzelne Storys oder Backlog Items in agilen Projekten nutzen. In diesen ist größtenteils ohnehin ein Zerlegen oder ein regelmäßiges Refinement aller Items vorgesehen.
Mache Dir also Gedanken über die Anforderung, notwendigen Aufgaben und die geltenden Rahmenbedingungen – fachlich und technisch.
Mehr Informationen:
Schritt Nr. 2: Bestimme den besten, den schlechtesten und den wahrscheinlichsten Aufwand für jede Aktivität bzw. Aufgabe in Deinem Projekt.
Kennst Du die notwendigen Arbeiten, die für die Realisierung einer Anforderung nötig sind, betrachtest Du diese und beantwortest je Aufgabe die folgenden Fragen:
- Wie lange benötigt man für diese Aufgabe, wenn die Umsetzung optimal verläuft und es zu keinen Verzögerungen kommt? (Optimistischer Fall)
- Wie lange benötigt man für diese Aufgabe, wenn die Umsetzung mit erwartbaren Verzögerungen, Abhängigkeiten oder anderen Einflüssen erfolgt? (Realistischer Fall)
- Wie lange benötigt man unter Umständen für diese Aufgabe, wenn die Umsetzung durch unerwartete Einflüsse beeinträchtigt und gestört wird? (Pessimistischer Fall)
Für alle Antworten spielt Erfahrung eine große Rolle. Sobald Du unsicher bei der Beantwortung der Fragen bist, solltest Du Unterstützung hinzuziehen. Oft hilft eine kurze Diskussion über eine Aufgabe. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass eine Schätzrunde mit einer weiteren Person sehr viel wert ist. Dabei sollte die zweite Person einen anderen Blickwinkel auf das Projekt haben. Oft identifiziert man so kurzfristig Wissenslücken und kann diese schließen.
Schritt Nr. 3: Berechne für jede Aufgabe den gewichteten Durchschnitt.
Wir haben nun drei Einschätzungen zu einer Aufgabe. Also rechnen wir!
Dazu nimmst Du die Werte für den besten, den schlechtesten und den wahrscheinlichsten Fall und fügen diese in diese Formel ein:
(optimistisch + 4 · wahrscheinlich + pessimistisch) / 6
Die Berechnung ergibt die Dauer, die zur Realisierung einer Aufgabe sehr wahrscheinlich benötigt wird.
Beispiel:
Wir schätzen, dass eine Validierungsfunktion für ein Webformular im besten Fall 1 Tag benötigt. Aus Erfahrung können wir sagen, dass wir vermutlich mehrere Tests und Korrekturschleifen durchlaufen müssen und taxieren die realistische Dauer auf 2 Tage. Da die Umsetzung jedoch von einer Programmierbibliothek abhängt, die eventuell nicht alle benötigten Funktionen mit sich bringt, könnte die Umsetzung unter Umständen bis zu 5 Tage in Anspruch nehmen.
Dies ergibt folgende Rechnung: (1 + 4 · 2 + 5) / 6 = 2,33 Tage wahrscheinliche Umsetzungsdauer
Du kannst zudem eine wahrscheinliche Standardabweichung berechnen, die Du in Deine Kalkulation als Puffer einfließen lassen kannst:
(pessimistisch – optimistisch) / 6
Dies bietet sich immer an, wenn die Schätzung auf hoher oder gar extremer Unsicherheit beruht. Dies ist größtenteils an weit auseinander liegenden Werten ersichtlich.
Um bei unserem obigen Beispiel zu bleiben: (5 – 1) / 6 = 0,67 Tage wahrscheinliche Standardabweichung
Sind wir bei den Angaben unsicher, können wir die Summe beider Werte bilden, um Risiko in der Planung zu mindern.
2,33 Tage + 0,67 Tage = 3,0 Tage wahrscheinliche und planbare Umsetzungsdauer für unser Beispiel
Schritt Nr. 4: Addiere alle gewichteten Durchschnittswerte, um die Gesamtschätzung für ein Feature, eine Anforderung oder das gesamte Projekt zu erhalten.
Das Ergebnis ist im Idealfall eine ausführliche Liste von Aufgaben, inklusive ihrer Aufwandsschätzung. Diesen Vorteil kannst Du zum Beispiel zum Erstellen eines kritischen Pfads nutzen und so Deine Projektplanung verfeinern und verbessern.
Wir haben mit dieser Vorgehensweise hervorragende Erfahrungen gemacht. Mache doch mal den Versuch und führe eine Schätzung anhand eines schon realisierten Projekts oder Features durch, lasse die Aufgaben von Personen einschätzen, die nicht an der Umsetzung beteiligt waren, und halte die Ergebnisse gegeneinander. Entscheide dann, ob diese Technik auch für Dich und Dein nächstes Projekt geeignet wäre.
Du findest im Netz viele Vorlagen, größtenteils für Excel, die Dir als wichtiges Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Im besten Fall nutzt Du diese, um Deine kommenden Schätzungen vorzubereiten und diese Methode zu lernen.
Mehr Informationen:
- https://duckduckgo.com/?q=pert+estimation+estimate
- https://duckduckgo.com/?q=pert+estimation+estimate+excel
- https://duckduckgo.com/?q=pert+estimation+estimate+template
Wenn Du mehr über Methoden zur Schätzung von Projekten erfahren möchtest, lese unsere Blogbeiträge unter https://www.devlix.de/blog/, https://medium.com/devlix-blog oder https://dev.to/devlix-blog!